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Kleidung, Mode und Status
Von Vollplatte bis Prinzessinnenkleid
Kleidung im Mittelalter
Ist es nicht romantisch: Holde Maiden in langen Kleidern mit bauschenden Röcken, tapfere Recken in Rüstung und Helm! Aber war das wirklich so? Was hat es mit den klischeehaften Mittelalterkostümen, die man an Fastnacht sieht, auf sich? Und: Gab es die Alltags-Vollplatte aus Film und Fernsehen im 12. Jahrhundert?
Das einfache Volk hatte für Pomp keine Verwendung und noch weniger die Mittel. Männer trugen einfache Hosen und genauso einfache Hemden, gerne in verschiedenen Längen und bei kühleren Temperaturen geschichtet. Die längeren Hemden nannte man dann im Englischen tunics, allerdings sind sie nicht vergleichbar mit dem, was wir im Deutschen als Tuniken beschreiben würde. Wer jedoch viel herumlief und auf dem Feld arbeitete, der würde eher keine lange Kleidung tragen; richtige "Roben" waren eher etwas für das Bürgertum, das wenig mit der Hand arbeitete, also beispielsweise Kaufleute, oder eben den Adel. Männer trugen gerne Bruchen "drunter", um Reibung von Hosen an delikaten Stellen zu vermeiden, wenn aber etwas Langes wie eine Robe getragen wurde, blieb die Bruche gewöhnlich weg. Auch unser Bild von der Schankmaid im Rock, mit Schürze und Bluse und Mieder, ist falsch: Diese Art von Kleidung war erst in Richtung der Renaissance üblich. Das Mittelalter, in dem wir spielen, war sehr viel simpler. Frauen trugen lange, nach unten hin zwecks Beinfreiheit ausgestellte, Unterkleider und darüber Überkleider oder Überwürfe, manchmal sogar mehrere davon, wenn es richtig kalt wurde. Schürzen waren ebenso üblich wie heute auch und gingen gerne einmal über die gesamte Front (wie eine moderne Kochschürze), jedoch auch "kleinere" Schürzen wurden bereits getragen. Auch Männer in Berufen, die viel Sauerei verursachten, trugen Schürzen, häufig sogar aus Leder: Schmiede, Metzger, Färber und Brauer schützten damit ihre eigene Kleidung und trugen gewöhnlich auch Handschuhe. FUN FACT: Viele Kleider waren so geschnitten, dass sie sowohl Männern als auch Frauen passten. Gürtel? Tasche? Gürteltasche!
Gürtel waren sehr beliebt und waren in verschiedenen Qualitäten zu erhalten; manchmal einfache Kordeln, manchmal aus Leder um die Taille oder Hüfte geknotet, manchmal, für die besonders feinen Herrschaften, sogar mit einer Schnalle, boten sie Möglichkeiten, allerhand Alltagsgegenstände unterzubringen. Taschen und Geldkatzen (wenn man so etwas besaß / brauchte) fanden daran Platz, Messer- und Schwertscheiden, sogar Trinkschläuche konnten daran befestigt werden. Mancher trug an diesem Gürtel auch ein Kreuz oder andere religiöse Gegenstände. Auch Taschen gab es, an heutige Handtaschen kam man qualitativ allerdings nicht heran. Sie hatten eher Ähnlichkeit zu den Jutebeuteln, die seit ein paar Jahren wieder "in" sind, weil man Plastik sparen will. Großer Beliebtheit erfreuten sich aber auch Körbe, die man zum Transport von Nahrungsmitteln mit Stoff auslegte. Und "Drüber"?
"Drüber" trug man in diesem Zeitalter noch Umhänge und Gugel, welche nicht nur den Kopf, sondern auch Schultern und Körper vor kühler Zugluft schützten und angenehm wärmten.
Als Kopfbedeckungen dienten dem einfachen Volk auch Strohhüte, die bei der Feldarbeit vor der Sonne schützten, doch besonders Frauen begannen schon bald, ihr Haar nicht nur vor fremden Blicken, sondern auch vor Staub, Stroh und kleinen Zweigen zu schützen: Wimpel und andere Tücher wurden auf oder um den Kopf gelegt und mit Schnüren befestigt, aber besonders beliebt war die Variante, bei der man das Tuch um den Kopf wickelte, indem man es mittig über den Kopf legte und dann beide enden drehte, bis sich das Tuch selbst "festzog", um es dann um den Kopf zu legen und in das jeweils andere Ende zu stecken. War nicht aufwendig, schützte vor Sonne und Staub, konnte auch mit farbigen Tüchern gemacht werden und noch dazu sah es nicht einmal schrecklich aus! Da das Haar einer Bäuerin o.ä. ohnehin meist hochgesteckt oder aus dem Gesicht geflochten getragen wurde, war dies eine der praktischsten Arten, es zu schützen. Wer konnte, der nähte sich aber auch gerne einmal eine Haube. Designerware, Mittelalteredition
Den Stand erkannte man auch gut daran, wie fein etwas gearbeitet war: die Kleidung der einfachsten Leute war häufig nicht einmal gesäumt, sondern nur abgenäht, der nächste Schritt war dann ein ordentlicher Saum. Nur wohlhabende Bürger und alles "darüber" leistete sich Borten in verschiedenen Stufen der Dekadenz, von einfachen bunten Borten hin zu mit Gold versetztem Garn. Auch Pelzbesatz war gewöhnlich ein Zeichen von hohem Status (nicht zu verwechseln mit Pelz als Überwurf!).
Auch das einfache Volk war jedoch häufig in der Lage, zumindest kleine Muster zu sticken und so die Kleidung etwas aufzuhübschen; woran es jedoch fehlte, war gewöhnlich die Zeit dafür, da man kaum Möglichkeiten zu künstlicher Beleuchtung hatte (Kerzen waren immerhin nicht billig) und so jede Sonnenstunde ausnutzen musste, um seine tägliche Arbeit verrichtet zu bekommen. Für Eitelkeiten war da nur bedingt Kapazität vorhanden. Übrigens: Schneidereien waren teuer und deshalb nicht finanzierbar für einfache Bauern. Eher hat man da die Frauen dazu abbestellt, Kleidung zu nähen, deren Qualität dann auch maßgeblich von den Fähigkeiten der Ehefrau abhing! Stoffe & Farben
Stoffe waren vor allem Wolle und Leinen, da anderes, beispielsweise Baumwolle, nicht verfügbar war. Leinen bot gerade bei heißem Wetter einen großen Vorteil, da es sehr leicht ist und Schweiß nicht aufsaugt, sondern lediglich nach außen transportiert, wo er verdampfen kann.
Kleidung im Mittelalter war sehr viel bunter, als man es uns heute glauben lässt. Die meisten Haushalte färbten ihre Kleidung selbst, aber auch hier muss man natürlich die Frage, wie viel Zeit dafür war, für sich selbst beantworten. Je größer der Haushalt, desto bunter daher häufig auch die Kleidung, denn ein Paar Hände kann man dann eher entbehren. Mit Färberwaid schaffte man Blau, Rittersporne ließen die Kleidung Türkis erstrahlen, Holunderbeeren färbten Rot-Violett. Braun war mit Rinde oder Walnuss am einfachsten zu färben, Möhren und Eichenblätter brachten Dunkelgelb zustande, Efeublätter Graugrün und Brennessel oder Schafgarbe ein kräftigeres Grün. Rottöne waren schwer, zu erreichen, deshalb aber auch selten, gefärbt mit Malve oder Karmin. Schwarz konnte man auch! Dafür verwendete man Kreuzdornrinde und -Beeren, für Grau Brombeeren! Wer aber seine Kleidung selbst färbte, der musste sie auch zuerst beizen und das war nicht immer appetitlich: Im Mittelalter wurde dafür nämlich Urin verwendet. Es gibt aber noch mehr, mit dem uns Filme auf den Arm nehmen: Selbst im einfachen Volk hatte man nur in den extremsten Fällen nur einen Satz Kleidung. Normal waren mindestens zwei Sätze, einmal für den Alltag und die Arbeit, einmal das, was man heute als "Sonntagskleidung" bezeichnet hätte. Zum Schlafen trug man manchmal sogar ein extra Nachthemd anstelle des Tages-Unterkleides! Zeigt her eure Schuhe!
Schuhe waren häufig eine simple Angelegenheit und unterschieden sich nur im Abnutzungszustand zwischen den Klassen: Gewöhnlich aus Filz oder Leder gefertigt, mit einer Sohle aus mehreren Schichten Leder, war die üblichste Form eines Schuhs die, die bis zum Knöchel ging, denn Schnürsenkel gab es noch nicht und so bot der Schuh guten Halt. Für das Fußvolk war es aber auch alles andere als ungewöhnlich, wenn es barfuß durch die Gegend lief - gerade, wenn es warm war!
Meistens legte ein Adeliger seine Schuhe nach kurzer Zeit bereits ab, wenn sie ihm zu abgenutzt waren. Dann kaufte sie ein Bürger - nach ihm ein Bauer. Aus besonders durchgelaufenen Schuhen wurden manchmal auch Kinderschuhe gefertigt, allerdings stand hier der Aufwand in keinem Verhältnis zur Nutzungsdauer, sodass sich nicht jeder Schuhe für seine Kinder leistete oder diese dann eben auch jüngeren Geschwistern weitergab, damit sie vollends genutzt wurden. Für die edlen Ritter... keine schimmernde Rüstung
Rüstung bestand nicht aus Vollplatte - diese kam bis zum 16. Jahrhundert nicht in Mode -, sondern beinhaltete gewöhnlich ein Kettenhemd samt Haube (darunter wurde eine Bundhaube getragen), manchmal noch Beinschützer, Schulterteile oder ein Helm. Auch möglich, jedoch seltener, war eine Brustplatte oder ein aus vielen einzelnen Stücken, ähnlich Schuppen, gearbeitetes Oberteil, eine Brigantine. An den Händen wurden praktisch "gerüstete Handschuhe" getragen, welche die exponierten Hände im Kampf schützen sollten.
Gemütlich war Rüstzeug jedoch nie und wurde im Alltag deshalb nur von Soldaten und Ähnlichem getragen. Besonders Kettenhemden waren unangenehm zu tragen, denn sie wogen schwer auf den Schultern. Ein Gürtel konnte hierbei ein wenig entlastend wirken, war aber dennoch weit vom Optimum entfernt. Alltägliche Stadtwachen waren vermutlich nicht so schwer gerüstet wie wenn sie in den Krieg zogen, doch das war auch immer Sache der Vorliebe. |

