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Schwarzes Brett
Juli 1191
Willkommen im Under The Oak Tree. Wir sind ein mittelalterliches Foren-Rollenspiel, welches im Jahre 1191 in Nottinghamshire spielt. Die Legenden rund um Robin Hood sind hier ein zentrales Thema. Das Forum ist momentan halbprivat. Ihr könnt euch jedoch über ein Gesuch bei uns melden.
10.05.24
Das Oaks schließt seine Pforten - Wir haben uns entschieden, das Forum zu schließen. Wir bedanken uns für die gemeinsame Zeit und wünschen euch weiterhin viel Spaß in der RPG-Welt.
Hygiene & Reinlichkeit
Von falschen Annahmen und stinkenden Burggräben
Hygiene und Reinlichkeit im Mittelalter
Es mag schwer zu glauben sein, aber auch im Mittelalter wollten die Leute nicht stinken und hielten Sauberkeit sogar für gesünder. Es gab allerhand Versuche, sich und die eigene Kleidung rein zu halten, von denen viele sogar erfolgreich waren. Warum wir alle denken, im Mittelalter hätten alle Menschen gestunken? Nun, Richtung des 16. und 17. Jahrhunderts war das Stigma um Vieles, das mit dem Baden im Zusammenhang stand, so stark, dass man sich damit einfach nicht in Verbindung bringen wollte. Aber eines nach dem Anderen:

Baden für die Reichen bedeutete viel Aufwand für ihre Bediensteten. Nicht nur wurde ein Waschzuber, gewöhnlich aus Holz (ein bisschen nach durchgeschnittenem Fass aussehend) gefertigt und ausgelegt mit einem großen, sauberen Tuch, gebraucht, auch brauchte es lange, ihn zu füllen, denn kaltes Wasser würde man natürlich seiner feinen Lordschaft nicht antun. Selbst der König musste frühzeitig ankündigen, wenn er baden gehen wollte, damit alles rechtzeitig fertig war. Das war übrigens etwa einmal alle zwei Wochen für die Adeligen, denn es war ja nicht der eigene Aufwand.

Wer es sich leisten konnte, der konnte auch ein Badehaus besuchen, in dem mehrere dieser Zuber standen und man häufig sogar mit einem Partner verweilen konnte; nackig war man gerne einmal auch noch, und selbst wenn nicht, klebten die dünnen Badekleider direkt am Körper, wie aufregend! Und weil die Zuber über ein unterirdisches Heizsystem warmgehalten wurden, wurde dort parallel auch häufig Brot gebacken. Gegen einen Aufpreis konnte man sich sogar Verpflegung an den Zuber bestellen, ähnlich dem, was wir heute an einer Poolbar machen können.
Aber Achtung: Nicht umsonst hatte die Kirche eine sehr starke Meinung gegenüber diesen Badehäusern, denn sie waren in ihren Augen geradezu frivoler Natur und verleiteten Menschen dazu, ihren lüsternen Blick schweifen lassen. Dass sich in Badehäusern dann auch noch häufig badende, deshalb saubere und gut riechende, Dirnen herumtrieben, machte das alles natürlich nicht besser, sodass sie gegen Ende des 15. Jahrhunderts sichtlich weniger en vogue waren als zuvor. In "unserer" Zeit, dem 12. Jahrhundert, waren sie jedoch noch schwer beliebt, ganz besonders im Winter!

Tja, und wer kein Geld hatte, der musste eben die meiste Zeit damit Vorlieb nehmen, sich "einfach nur" zu waschen, wenn es zu kalt war, um mal eben in einen Wasserlauf zu springen. Das waren nämlich die einzigen Optionen, da in beispielsweise einem Bauernhäuschen für einen Waschzuber nicht einmal Platz war, geschweige denn, so viel Wasser über so lange Zeit aufzuheizen.
Badezusätze & Seife
Und was war im Badewasser drin? Nun, meistens nichts Spektakuläres; häufig war es wirklich einfach nur Wasser. Allerdings wurden häufig Blütenblätter hineingestreut, um es gut riechen zu lassen, was es meistens auch tat - zumindest, bis der fünfte Gast in die Badewanne stieg. Allerdings gab es etwas, das an Seife anmutete, allerdings natürlich nicht dieselbe Konsistenz hatte. Holzasche, ausgekochtes Fett und etwas Wasser wurden zu einer zähen Paste vermischt, welche, je nach Temperatur, sogar relativ fest wurde. Heute wissen wir, dass das sogar antibakteriell wirkte, obgleich man damals natürlich keinerlei Ahnung von Bakterien hatte.
Bauernfamilien und andere auf dem Land lebende Personen machten sich ihre Seife selbst, weshalb die häufig weniger fein war und man sich an in der Asche verbliebenen Splittern immer einmal pikste und kratzte. In der Stadt jedoch entwickelten sich mit den Jahrhunderten teils sogar Seifenmachergilden (I shit you not!), die sich darauf spezialisierten, besonders feine Seifen herzustellen, die zum Teil sogar mit Lavendelöl behandelt wurden, um besser zu riechen. Auch Hausangestellte von Adeligen stellten gewöhnlich sehr gute Seifen her.
Mit Seife wusch man im Übrigen auch das Haar, dies jedoch nur recht selten. Empfohlen wurde einmal alle 2-4 Wochen (laut einer Quelle, die einer Mittelalter-Gala gleichzusetzen ist), doch gerade in den niedrigeren Ständen ist es unwahrscheinlich, dass man (oder eben frau) sich dafür die Zeit nahm.
Waschtag mal anders
Und Kleidung, die musste auch gewaschen werden, aber das war nicht sehr appetitlich. Wollte man sie nämlich einer besonders intensiven Reinigung unterziehen, legte man sie erst einmal in Urin ein. Jap, Urin. Dieser löste Schmutz und schwere Gerüche daraus (oder roch eben stärker, was weiß ich schon...) und bereitete die Kleidung auf eine optimale weitere Reinigung vor! Danach wurde sie nämlich in Wasser ausgewaschen, gerne auch an wilden Gewässern; bei meinen Recherchen fand ich sogar eine Quelle, die besagte, ein Fischer habe sich beschwert, dass die Frauen ihre Wäsche im örtlichen See wuschen und so die Fische töteten - vermutlich, weil sie so den ph-Wert des Wassers so stark veränderten, dass die Tiere elendig verendeten.
In Städten, die am Wasser lagen, gab es sogar Stellen, die speziell zum Wäschewaschen gedacht waren und auch bewacht wurden, damit niemand den Waschweibern auf den Keks ging dabei (Notiz der Autorin: Nottingham liegt ja auch am Wasser... wer da wohl den Waschweiberdienst übernimmt?).
Man kann allerdings davon ausgehen, dass die Kleidung nach dem Auswaschen und in-der-Sonne-Trocknen fast neutral rochen.
Sonstige Körperpflege
Um eventuelle Gerüche (nicht nur nach dem zweifelhaften Waschmittel, sondern auch Schweiß und anderen Dingen) zu übertünchen, trugen praktisch alle Menschen kleine Säckchen voll duftender Blüten oder Kräuter mit sich, die man nosegays nannte und noch seeeeeeehr lange einsetzte.
Und hier hörte die Körperpflege nicht auf! Es gab sogar einen Zahnbürstenersatz: Man schnappte sich einen dickeren Zweig und kaute etwas darauf herum, bis er ausgefranst war, dann rieb man das zerfranste Ende über die Zähne - und da manche Bäume sogar antibakteriell sind, war das sogar ein Win-Win! auch frühe Pinzetten wurden gefunden, ebenso wie Ohrenschmalzlöffel (hattet ihr noch vor, etwas zu essen, oder ist euch der Appetit schon beim Waschen vergangen?) und Nagelreiniger. Kämme und Bürsten wurden ebenfalls bereits benutzt und auch Scheren und Rasierer waren bereits bekannt und beliebt - auch, wenn Rasierklingen etwas tricky waren, da sie nicht immer leicht zu benutzen waren und so eher einmal die Ehefrau heranmusste, weil nicht jeder Haushalt einen Spiegel hatte.
Während ihrer Periodenblutung ist auch bekannt, dass mittelalterliche Frauen sich zu helfen wussten! Während Adelige sich effektiv Binden leisten konnten und diese dann ausgekocht wurden, benutzten Bürgerliche beispielsweise Moos dafür. Alles, damit sie nicht durchbluteten, denn im Mittelalter (und in Mittelstufenklassen) war die Angst vor Periodenblut groß; immerhin symbolisierte es den Fluch, der seit dem Sündenfall auf allen Frauen lastete. Deshalb gab man übrigens auch nichts auf die Schmerzen der Frauen währenddessen.
Oder jemals, wenn wir schon dabei sind.
Und wenn's mal drückt?
Das letzte unappetitliche Thema? Das große und kleine Geschäft.
Während Reiche den Luxus genossen, ihren Chamber Pot, eine mit einem Deckel verschließbare Keramikschüssel, von Bediensteten geleert zu bekommen, verrichteten die Menschen auf dem Land ihr Geschäft vermutlich hinterm Haus und stellten lediglich für Kinder einen Eimer bereit. In der Stadt wurden die Eimer voll Fäkalien auf die Straße entleert und weil es noch keine Abwassersysteme gab, stanken die Straßen ganz erbärmlich. Burgen hatten an den Außenseiten entlang kleine Erkerchen, in denen mittelalterliche Toiletten installiert worden, aus welchen jegliche Ausscheidungen geradewegs nach unten fallen konnten - in den Burggraben. Das hat dann ab 25° C auch ganz elendig angefangen zu stinken, denn natürlich hatten auch Burggräben keine Filter oder anderweitige Reinigungsanlagen. Auch die Außenmauern sahen vermutlich recht unappetitlich aus, wenn es eine Weile nicht ausgiebig geregnet hatte. Gut nur, dass Nottingham Castle direkt am Fluss steht und jegliche droppings somit Problem des Pöbels sind, der flussabwärts lebt.
Zum Abwischen verwendete man, wenn es sich leisten konnte, Stofftücher, ansonsten Stroh.